Göttlicher Wind
Chiran ist ein kleiner Ort auf der Insel Kyushu im Südwesten
Japans. Wellen aus Grünteesträuchern erstrecken sich bis zum Horizont und an
der Küste erhebt sich ein vollkommen geformter, grüner Kegel-Vulkan. Als zum
Ende des 2. Weltkriegs die Piloten der Tokkotai-Mission von hier aus in die
Luft stiegen, war er zumeist das Letzte, was sie von ihrem Heimatland gesehen
haben. Im Museum hängen an den Wänden ihre Portraits. Nach Todestag sortiert. Nur
wenige Gesichter älter als 20. Die Schaukästen darunter zeigen Persönliches:
fleckige Stirnbänder und Abschiedsbriefe, handgeschriebene Gedichte und Tuschemalereien.
Viele haben sich freiwillig gemeldet, heißt es. Familienväter wurden abgelehnt,
Witwer aber nicht. Eine Frau ertränkte sich mit ihren Kindern für den Ehemann im
Fluss.
Sonne im Mai
bunte Karpfen tanzen
am Fahnenmast
Sommergras 119, Journal der Dt. Haiku Gesellschaft
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