In Harmonie
Früh morgens, beim Auschecken aus dem Ryokan, frage ich in meinem Überlebensjapanisch, wie ich am
schnellsten zum Bahnhof komme. Die Rezeption des Hotels ist eine kleine Luke,
eingerahmt von Holz in der Farbe dunkler Sojasauce. Neben einer eingestaubten Telefonanlage
steht der Rezeptionist. Er lächelt und zieht eine faltige Kladde hervor. Flüsternd
gleitet er Zeile für Zeile mit dem Finger über die Abfahrzeiten des städtischen
Busses. Dann entschuldigt er sich mehrfach und bietet mir an, ein Taxi zu
bestellen.
Vor dem Hotel wartend beobachte ich, wie Busse von
japanischen Reiseveranstaltern ankommen. Sie entlassen ihre Fracht am Eingang
des Adachi Museums of Art und fahren
wieder ab. Das Museum liegt in der Präfektur Shimane am japanischen Meer. Dies ist weit von den Touristenzentren
Tokyo, oder Kyoto entfernt und ich sehe außer mir keinen weiteren westlichen
Touristen.
Am Bahnhof angekommen, kann ich gerade noch die roten Rücklichter
meines Zuges erahnen. Der nächste fährt in einer Stunde. Mit dem Ticket in der
Hand lasse ich mich auf eine Bank im Warteraum nieder. Stille. Ich sinke tiefer
in meine Gedanken. Plötzlich spricht mich jemand auf Japanisch mit meinem Namen
an. Neben mir steht der Rezeptionist. Er verbeugt sich tief, entschuldigt sich
mehrfach, lächelt und hält mir eine kleine, bunt bedruckte Papiertüte entgegen.
Ingwerkekse
ein fremder Vogel pfeift
übers leere Gleis
Sommergras 118, September 2017
Lebendiger Bildrahmen, Adachi Museum of Art
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen